02. Februar 2018 | Allgemein
Posted by aisolab

Künstliche Intelligenz lernt Gedankenlesen

Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz hat in den letzten Jahren immer neue Ebenen erreicht, die wenig früher noch als reine Science-Fiction galten. Mit besonderer Aufmerksamkeit – und von verschiedenen Seiten auch mit besonders großen Befürchtungen – werden stets vor allem Neuigkeiten betrachtet, die in Richtung eines maschinellen Bewusstseins deuten. Derzeit verblüffen vor allem in dem Bereich Wahrnehmung und ihre Manipulation die von Maschinen erbrachten Leistungen Laien und sogar Fachleute in zunehmendem Maße.

Ein gutes Beispiel ist die Arbeit einer KI-Forschungsgruppe in der Entwicklungsabteilung des vor allem als Grafikkarten-Hersteller bekannten Unternehmens Nvidia. Den Forschern gelang es, einem künstlichen neuronalen Netz beizubringen, ausgehend von Bild- und Filmquellen diese Medien hinsichtlich bestimmter Charakteristika auf glaubwürdige Weise zu verändern. So ist es mit dieser Technologie möglich, das Wetter in einem Video zu ändern oder die Rasse eines Hundes auf einem Bild. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass Darstellungen in Bild- oder Videoform fast beliebig manipulierbar werden, ohne dass ein menschlicher Editor eingreifen muss. Die Ergebnisse sind bislang noch nicht perfekt, dürften aber in Zukunft noch wesentlich überzeugender werden.

Noch einen Schritt weiter gingen nun Wissenschaftler der Universität Kyoto: Sie wandten ein ähnliches Verfahren an, um eine künstliche Intelligenz die inneren Wahrnehmungsbilder im menschlichen Gehirn erkennen zu lassen.Die KI liest also gewissermaßen die Gedanken einer Person. Im Einzelnen passiert dabei dies: Ein neuronales Netz wird darauf trainiert, Bilder, die eine menschliche Versuchsperson ansieht, abzugleichen mit durch fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) gewonnenen Daten der korrespondierenden Gehirnaktivität der Person. Auf diese Weise lernt die KI, externe Stimuli (die Bilder) mit den internen Zuständen im Gehirn (den MRT-Mustern) zu assoziieren. Erhält sie nach dieser Lernphase als Input nur noch MRT-Daten, ist sie in der Lage, das vom Menschen Wahrgenommene daraus zu rekonstruieren, ohne zuvor selbst Kenntnis von diesen Bildern genommen zu haben. Die dabei von der KI produzierten Abbilder dieser geistigen Vorgänge sind bislang alles andere als fotorealistisch, lassen aber das Ursprungsbild eindeutig wiedererkennen.

Eine auf den ersten Blick so bedrohlich wirkende Schlagzeile wie KI liest Ihre Gedanken sollte bei genauerem Hinsehen also nicht mehr soviel Unbehagen erzeugen. Das eigentliche „Gedankenlesen“, den Blick ins Gehirn, übernimmt weiterhin das MRT, und dafür ist es ja auch gedacht. Die künstliche Intelligenz dagegen beschränkt sich auf Mustererkennung durch ein neuronales Netz und die Anwendung des Gelernten auf neue Daten. Dabei liegt die Stärke neuronaler Netze in der Arbeitsgeschwindigkeit: Während Menschen Stunden benötigen, um neue Lektionen zu lernen, kann ein solches System Millionen von Lernvorgängen in der gleichen Zeit absolvieren. Die große Zahl an Durchgängen erzeugt im Netz ein sehr differenziertes System von Gewichtungen und Zuständen zwischen den Neuronen, sodass das Resultat mit andauerndem Training dem Vorbild immer ähnlicher wird. Die denkbaren Anwendungen sind vielfältig, aber vor allem in einer Hinsicht bietet diese Technologie faszinierende Verheißungen für die Zukunft: So könnte es Menschen, die nicht sprachlich oder schriftlich kommunizieren können, ermöglicht werden, ihre Gedanken und inneren Bilder mitzuteilen. Auch noch weiterreichende Anwendungen sind denkbar, etwa das direkte „Hochladen“ von geistigen Inhalten in Computernetzwerke.

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